Nicht erst seit Kerkeling sein viel beachtetes Buch 2006 herausgab, ist die Bewältigung des Jakobswegs eine Herausforderung, der sich viele Menschen jedes Jahr stellen. Was es dabei zu beachten gibt, darum soll es heute gehen.
Den Jakobsweg oder auch Muschelweg entlang zu pilgern ist mehr als einfach nur Wandern. Es handelt sich bei dieser Strecke um einen der berühmtesten Pilgerwege der Welt, und wer am Ende als erfolgreicher Pilger geadelt werden möchte, muss mindestens die letzten 100 Kilometer bis Santiago de Compostela gelaufen, oder 200 Kilometer mit dem Rad gekommen sein.
Die meisten Wanderer auf dem Muschelweg haben tatsächlich religiöse Motive, viele andere möchten aber einfach nur Teilhaben am Pilgern sowie Wandern. Nach Kerkelings Buchveröffentlichung gab es einen rasanten Anstieg der Besucher aus dem deutschsprachigen Raum, zudem wurde die Millionengrenze überschritten. Das sind beeindruckende Zahlen, die sicherlich weiter ansteigen werden. Für die Pilgerwilligen, die den Muschelweg zum ersten Mal beschreiten wollen und eventuell etwas Angst vor der Herausforderung haben, haben wir die wichtigsten Tipps für Neulinge gesammelt.
Der Muschelweg für Anfänger
Wo soll ich langgehen?
Ob wenige Tage oder viele Monate, es gibt zahlreiche Möglichkeiten, nach Compostela zu kommen. Es gibt ein richtiges Wegenetz und viele Möglichkeiten, zu starten. Welchen Weg man am Ende wählt, hängt ganz davon ab, wie viel Zeit man zur Verfügung hat. Hier ist also etwas Planung vonnöten, auch wenn man sich dann auf dem Weg selbst ein wenig treiben lassen sollte. Nur so bleibt man offen für inspirierende Begegnungen und kann sein eigenes Tempo finden. Ein ordentlicher Zeitpuffer schadet also nicht, ebenso wenig wie ein aktueller Reiseführer, der unbedingt ins Gepäck gehört.
Soll ich allein gehen?
Die meisten Menschen, die den Muschelweg allein beschritten haben, fühlten sich von diesem Umstand bereichert. Wer allein unterwegs ist, ist offen für Gespräche und neue Bekanntschaften, von denen sich beim Pilgern einige ergeben werden. Auch innere Begebenheiten und Impulse, neue Anstöße und Einsichten finden leichter den Weg ins Bewusstsein, wenn man eben nicht die ganze Zeit ins Gespräch vertieft, sondern auf sich selbst gerichtet ist.
Übrigens: Auch als Frau kann man den Muschelweg problemlos allein bewältigen. Wenn man sich auf bestimmten Abschnitten unsicher fühlen sollte, wird immer jemand da sein, mit dem ein Stück zusammen gegangen werden kann.
Was ist das wichtigste Utensil bei dieser langen Wanderung?
Alles ist ersetzlich, nur eines nicht: Die passenden Wanderschuhe. Niemand sollte auf die Idee kommen, sich für diese Wanderung neue Stiefel zu kaufen und diese dann erst kurz vor knapp einzulaufen. Die Schuhe müssen hochwertig, sehr gut eingelaufen und wasserdicht sein. Sie sollten die Knöchel stützen und rund eine Nummer zu groß sein, denn die Füße werden im Laufe des Tages dicker und auch die speziellen Outdoor-Socken müssen noch mit in den Schuh passen. Am besten besorgt man die Stiefel bereits einige Monate vor der eigentlichen Wanderung, oder nimmt bereits eingelaufene. Blasen gehören zum Alltag eines Pilgers, aber sie müssen nicht sein, gute Schuhe sind eine Investition für ein halbes Leben!
Was brauche ich sonst noch?
Möglichst wenig und doch alles Nötige! Die vorab sorgfältig recherchierte Packliste ist ein absolutes Muss.
Kleidung kann in vielen Herbergen gewaschen und getrocknet werden und sollte entsprechend der gewählten Route und Jahreszeit eingepackt werden. Man darf nicht vergessen, dass das ganze Gepäck ununterbrochen getragen werden muss – da wird jedes Gramm zur Belastung. Weniger ist mehr und ein guter, leichter Rucksack ist die perfekte Grundlage.
Was ist ein Pilgerpass?
Der Pilgerpass ist ein kleines Büchlein, welches für den Jakobsweg wichtig ist Er dient nicht nur als schöne Erinnerung, weil man sich an vielen Stellen einen Stempel hineindrücken lassen kann, er weist einen auch als Pilger aus, sodass günstiger an Unterkünften gespeist werden kann. Damit man in Compostela die Pilgerurkunde ausgestellt bekommt, müssen mindestens zwei Stempel pro Tag auf den letzten 100 Kilometern gestempelt worden sein. Das gilt als Nachweis für die erfolgreiche Pilgerreise. Am besten bestellt man den Pass vorab im Netz.
Wo sollte übernachtet werden?
Je bekannter die gewählte Strecke ist, umso besser ist sie auf Pilger vorbereitet, doch auch auf den weniger bekannten Routen gibt es ausreichend Herbergen oder private Gasthäuser, die natürlich in den Reiseführern verzeichnet sind. Entweder schläft man für einen minimalen Obolus gemeinsam mit anderen in einem Raum, oder gönnt sich ein Fremdenzimmer, wo man weder von fremdem Schnarchen noch von der morgendlichen Aufbruchstimmung wachgehalten wird.
Wie viel Essen muss ich mitnehmen?
Überall auf den verschiedenen Wegen gibt es Restaurants, Cafés oder kleine Supermärkte. Mit dem Pilgerausweis gibt es an vielen Stellen verbilligte Menüs. Auch wird man überall freundlich empfangen, manchmal auch gehegt und gepflegt und motiviert. Nur für Streckenabschnitte ohne Verpflegungsmöglichkeiten sollte man ein paar Nüsse, Trockenobst oder andere, haltbare Snacks dabei haben.
Was kostet die Reise?
Bis auf die Schuhe und den Rucksack, die man vielleicht schon zu Hause hatte und die Anfahrt zum Startpunkt, der ja durchaus auch vor der eigenen Tür liegen kann, kommen auf einen Pilger keine großen Kosten zu. Übernachten kann man schon ab 6 Euro, das Essen ist billig.
Man gewinnt jedoch eine Menge, was einem andere Reisen nicht bieten können. Die meisten Pilger berichten, dass der Weg sie verändert hat und dass sie mehr „zu sich“ und häufig auch zur eigenen Spiritualität gefunden hätten. Das sind jedoch die Teile der Reise, die man nicht planen kann.